Anerkennungsstelle für Saat- und Pflanzgut

Weitere Feldkontrollen und Testung der Pflanzkartoffeln 2022

Webcode: 01040896

Auspflanzung und Entwicklung der Kartoffeln in diesem Frühjahr waren teilweise verzögert. Demzufolge konnte bei vielen Pflanzkartoffel-Vermehrungen erst später mit der Feldbesichtigung begonnen werden. Mehr als 100 Vermehrungsbestände können erst ab Mitte Juli abschließend durch den Feldbesichtiger beurteilt werden. Nun sind Art und Umfang der weiteren Feldkontrollen und der anschließenden Virustestung festgelegt worden.

Die Durchführung von mindestens zwei Feldbesichtigungen ist gesetzlich vorgegeben. Denn die Anerkennungsverfahren sollen erfolgreich bearbeitet werden und der Pflanzgut-Empfänger soll qualitativ hochwertige Ware erhalten. In jedem Feldbestand wurden durch den Feldbesichtiger vielfältige Anforderungen an die Pflanzkartoffeln überprüft, die alle darauf ausgerichtet sind, hochwertiges Pflanzgut zu erzeugen. Durch Pflanzgut übertragbare Krankheiten waren ein Schwerpunkt bei der Besichtigung: Viruskrankheiten, welche durch Blattläuse als Vektoren oder auch mechanisch übertragbar sind, sowie die bakterielle Schwarzbeinigkeits-Krankheit (Erwinia- bzw. Dickeya-Erreger) durften nur bis zu bestimmten Obergrenzen auftreten.

Spät an Schwarzbeinigkeit erkrankte Pflanzkartoffel-Staude
Spät an Schwarzbeinigkeit erkrankte Pflanzkartoffel-StaudeEric Preuß
Aber auch die Blattlausfreiheit selbst sowie Vorgaben an die Mindestentfernung wurden geprüft. Jeder Bestand musste ordnungsgemäß mit dem Produktionsziel Pflanzkartoffeln geführt sein: eine sinnvolle Bestandesdichte war erforderlich, Durchwuchs von alten Kartoffeln vergangener Anbaujahre wurde erfasst und bewertet; auf möglichen Nematodenbefall wurde der Blick gelenkt; Probleme durch fehlerhafte Bearbeitung oder Behandlung (z.B. durch Pflanzenschutzmittel oder erheblicher Unkrautbesatz) durften im Grundsatz nicht vorhanden sein. War eine Bereinigung notwendig, musste diese ordnungsgemäß erfolgen: auch bereits gebildete Tochterknollen bereinigter Stauden sowie Reste von Pflanzen mit Schwarzbeinigkeits-Symptomen mussten entfernt sein. In allen Feldern hat der Feldbesichtiger überprüft, ob die Anforderungen zum Vorgewende, zu Trennreihen, Abtrennungen und dem Nicht-Überfahren von Pflanzen erfüllt sind. Diese mögen formal erscheinen, stellen jedoch ein Muss dar im Sinne von Sortenreinheit und phytosanitärer Klarheit und sie sollen - nach Absterben des Krautes - eine korrekte Probenahme im Feld ermöglichen. Ebenfalls informatorisch erfasst, aber nicht gewertet, wird der Befall mit Rhizoctonia solani, dem Erreger der Wurzeltöterkrankheit.

Abgeschlossen wurde damit also die „reguläre“ Feldbesichtigung, bei der alle aufgezeigten Anforderungen sowohl zum ersten Termin als auch eben später zur zweiten Feldbesichtigung erfüllt sein mussten. Allerdings steht (mit Stand Anfang Juli) noch bei 1.171 Vermehrungen die zweite Feldbesichtigung aus; 52 Vermehrungen haben sogar noch nicht die erste Feldbesichtigung absolviert. Demnach sind bisher insgesamt rund 1,5% der Vermehrungsfläche entsprechend 110 ha der insgesamt angemeldeten 7.578 ha ohne Erfolg feldbesichtigt oder zurückgezogen. Dabei wurden viruskranke Pflanzen bisher in 765 der insgesamt 3.397 Vermehrungen gefunden, allerdings lediglich bei 6 Vermehrungen in Höhe von mehr als 1,0%, der Norm für Z/A-Pflanzgut. Insgesamt findet sich in den Pflanzkartoffelbeständen relativ wenig Virusbefall. 

Weitere Prüfung auf Schwarzbeinigkeit
Schwarzbeinigkeit wurde bisher bei 539 Vermehrungen gefunden. Hier liegt der Grenzwert für die Stufe Z/A bei 1,0%. Bei den Vermehrungen, die bei den beiden regulären Besichtigungen oder ggf. erfolgten Nachbesichtigungen einen Befall von mehr als 0,3 % aufgewiesen haben, findet eine dritte Besichtigung auf Schwarzbeinigkeit im Juli statt. Nässe durch Niederschläge und Spritzwasser begünstigen die Verbreitung der die pflanzgutübertragbare Krankheit verursachenden Bakterien. 
An die Feldbesichtigung schließt sich die dreigeteilte Beschaffenheitsprüfung an: zunächst folgen an den im Feld gezogenen Kartoffelproben im Labor als Untersuchungen im PCR-Verfahren die Virustestung sowie die Testung auf Bakterielle Ringfäule und Schleimkrankheit; und als dritter Schritt findet die Prüfung auf Knollenkrankheiten und äußere Mängel statt. Bei letzterer handelt es sich um eine Bonitur der Kartoffel-Knollen bei der Aufbereitung des Pflanzgutes im Lager. Für die Anerkennung von Vorstufen- und aller Klassen von Basispflanzgut ist ein Virustest generell Voraussetzung. 

Befreiung vom Virustest
Für Pflanzkartoffeln ist ein Virustest im Anerkennungsverfahren vorgeschrieben, auch bei der Erzeugung Zertifizierten Pflanzgutes ist dieser im Grundsatz erforderlich. Die Anerkennungsstelle kann aber auf die Prüfung auf Viruskrankheiten verzichten, wenn das Resistenz-Verhalten der Sorte und die Tatsache, dass nur geringe Infektionsmöglichkeiten bestanden haben, die Annahme rechtfertigen, dass das geerntete Pflanzgut die Anforderungen an den Virusbefall erfüllt, die in der Beschaffenheitsprüfung eingehalten werden müssen. Bei der Entscheidungsfindung spielen verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle. Heranzuziehen sind u.a. die vom Bundessortenamt bei der Sortenzulassung festgestellten und danach in unseren seit etlichen Jahren durchgeführten Nachkontrollanbauten beobachteten Resistenzeigenschaften der Sorten gegenüber dem Y-Virus als bedeutendstem Kartoffelvirus. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist natürlich die Blattlauslage. Blattläuse sind Vektoren für die Übertragung der bedeutendsten Viren. Deshalb ist ihr Auftreten ein Maßstab für die Übertragungswahrscheinlichkeit von Viren. 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände werden die Vermehrungsvorhaben mit dem Ziel der Erzeugung Zertifizierten Pflanzgutes der Klasse A von 22 Sorten (siehe Tabelle) vom Virustest befreit, wenn 

  • Blattlausfreiheit bei den 2 abgeschlossenen Feldbesichtigungen bestand.
  • keine Nachbesichtigung wegen Virusbesatz erforderlich war.
  • aufgrund von Anmeldung oder Feldbesichtigung keine anderen Tatbestände zur Testung führen (z.B. Verdachtsteste)
  • Blattlausfreiheit zum 3. Kontrolltermin ab 18. Juli 2022 besteht.
  • kein Wiederaustrieb zum 4. Kontrolltermin ab 22. August 2022 vorhanden ist.

Diese Vermehrungen von Sorten aller Reifegruppen müssen also noch 2 weitere Kontrollen durchlaufen; dabei geht es nur noch um Blattlausfreiheit bzw. Wiederaustrieb. Damit ist im Z/A-Bereich nach derzeitigem Stand eine Verminderung des Testumfangs um 210 Schläge möglich; für diese 210 Vorhaben der genannten 22 Sorten besteht also die Möglichkeit der Befreiung vom Virustest. Dagegen den Virustest durchlaufen müssen auch im Bereich der Erzeugung von Z/A-Pflanzgut alle anderen 240 der in Niedersachsen zur Vermehrung angemeldeten Sorten; wobei längst nicht von allen Sorten Vermehrungen der Kategorie Z/A existieren. Alle Z/B-Vermehrungen sowie Vermehrungen von Z-Pflanzgut mit Ausgangsmaterial aus demselben Betrieb werden generell auf Virus getestet. Soll die Möglichkeit der Testbefreiung in Anspruch genommen werden, muss dies der Anerkennungsstelle vom Anmelder rechtzeitig angezeigt werden, ansonsten findet die obligatorische Virustestung statt. Von testbefreiten Partien wie auch von den Partien im Virustest wird wieder ein Nachkontrollanbau durchgeführt, der der eigenen Kontrolle des Anerkennungssystems und der Kontrolle der Erzeugerseite dient. 

Gefahr Wiederaustrieb
Die Krautminderung sollte erst dann vorgenommen werden, wenn die entsprechende physiologische Reife des Bestandes vorliegt. Auch die erreichte Knollengröße spielt natürlich eine Rolle. Treiben Mutterknollen von Kartoffelstauden wieder erneut aus, tritt also Wiederaustrieb auf, so stellt dieses junge und nährstoffreiche Gewebe einen ausgesprochenen Attraktionspunkt für Blattläuse dar: die Virusinfektionsgefahr mit nachfolgender Virusableitung in die bereits gebildeten Tochterknollen ist dann besonders groß. Deshalb verfährt der Feldbesichtiger bei der Kontrolle auf Wiederaustrieb sehr restriktiv. Den abschließenden Teil der Beschaffenheitsprüfung bei Pflanzkartoffeln stellt die visuelle Prüfung der Knollen jedes Vermehrungsvorhabens dar. Diese Prüfung erfolgt bei der Aufbereitung und vor dem Abpacken durch die Vertragsfirmen. Dabei stellt der Probenehmer gewissenhaft Knollenkrankheiten und äußere Mängel einer Partie fest, was ggf. Konsequenzen hinsichtlich der Verwendung der Partie als Pflanzkartoffeln haben kann.
 

Kontakte

Dipl.-Ing. agr.
Dr. sc. agr. Matthias Benke

Leiter Anerkennungsstelle für Saat- und Pflanzgut

0511 3665-4370

0152 5478 2474

matthias.benke~lwk-niedersachsen.de



Eric Preuß

Anerkennung von Saat- und Pflanzgut

0511 3665-4353

01525 4782 173

eric.preuss~lwk-niedersachsen.de

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